"Campus-Legenden" mit Prof. Dr. Ursula Schröder
Shownotes
Wie können Schutz, Sicherheit und Frieden für möglichst viele Menschen geschaffen werden? Mit dieser Frage beschäftigt sich Prof. Dr. Ursula Schröder als Friedensforscherin. Im Gespräch mit Hauke Heekeren berichtet die wissenschaftliche Direktorin des Hamburger Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik von ihrer Arbeit in der Friedensforschung und welcher Bildungsweg dieser zugrunde liegt.
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00:00:00: Bekannt aus den Medien als Friedensforscherin und Expertin für das Einordnen der Sicherheitspolitischen
00:00:10: Weltlage.
00:00:11: Sie studierte an der Humboldt-Universität zu Berlin, an der University of Wales in Aberts
00:00:16: Twith sowie an der Freien Universität Berlin und promovierte am Europäischen Hochschulinstitut
00:00:22: in Florenz.
00:00:23: Als Professorin für internationale Sicherheitspolitik lehrte sie an der Freien Universität Berlin.
00:00:28: Seit 2017 ist sie wissenschaftliche Direktoren des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik
00:00:34: an der Universität Hamburg sowie Professoren für Politikwissenschaft.
00:00:39: Heute ist sie zu Gast bei Universitätspräsident Professor Dr.
00:00:43: Hauke Hekerin.
00:00:45: Dr.
00:00:46: Ursula Schröder.
00:00:47: Mein Name ist Hauke Hekerin und ich bin der Präsident der Uni Hamburg.
00:00:58: In diesem Podcast spreche ich mit Hamburger Persönlichkeiten über ihre Bildungsreise,
00:01:03: ihre Studienzeit und ihre Verbindung mit der Uni Hamburg.
00:01:08: Wir erkunden prägende Erlebnisse, überraschende Wendungen und wegweisende Entscheidungen.
00:01:14: Mein heutiger Gast ist Professor Dr.
00:01:18: Ursula Schröder, eine renommierte Expertin für Friedensforschung und Sicherheitspolitik.
00:01:24: Seit 2017 leitet sie als wissenschaftliche Direktorin das Institut für Friedensforschung
00:01:29: und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg.
00:01:32: Ihre Forschungs- und Globalen Sicherheitsfragen ist hochaktuell und international anerkannt.
00:01:39: Herzlich willkommen, liebe Ursula.
00:01:40: Schön, dass du dir Zeit nimmst heute.
00:01:42: Hallo, sehr gern.
00:01:43: Hol es doch mal ab.
00:01:44: Du hast Mitte der 90er Jahre Abi in Göttingen gemacht.
00:01:49: Und was hat dich damals umgetrieben?
00:01:51: Was hast du für ein Bild von deiner Zukunft im Kopf gehabt?
00:01:55: Was dann dazu führte, dass du wie deine Bildungsreise gestartet hast?
00:02:00: Ja, das war garantiert nicht so gradlinig.
00:02:03: Wie das vielleicht jetzt aussieht, ich bin nicht aufgewacht und dachte, oh super, ich will mal
00:02:06: eine Forschungseinrichtung an der Uni Hamburg leiten.
00:02:09: Ich wollte eigentlich Biochemie studieren.
00:02:11: Ich habe mich für Pflanzen interessiert, für Pflanzensystematik, für botanische Gärten.
00:02:16: Und bin dann aber nach dem Abi erst mal ein Jahr nach England gegangen, habe gearbeitet,
00:02:19: habe mit Kindern gearbeitet, mit Jugendlichen gearbeitet und habe mir überlegt, was ich machen will.
00:02:24: Und bin dann ans Leibniz-Kolleg nach Tübingen gegangen.
00:02:28: Und das ist eine Einrichtung, die ich allen wirklich wärmstens ans Herz legen kann.
00:02:32: Das ist eine Einrichtung, die Studierendenorientierung auf dem Weg zu einer Bildungskarriere,
00:02:38: zu einem Bildungsweg geben möchte.
00:02:40: Das heißt, man sitzt in einem Haus zusammen mit ganz vielen Studierenden oder Leuten,
00:02:45: die studieren wollen, studiert ganz unterschiedliche Sachen für ein Jahr.
00:02:48: Interdisziplinär beschäftigt sich mit komplexen Problemen und lernt sich zu orientieren,
00:02:53: wissenschaftlich zu denken und lernt auch Urteile zu fällen.
00:02:56: Und ich darf sagen, das hat mir wirklich viel geholfen und hat mir gerade auf dem Weg
00:03:00: in eine große deutschen Massen-Union, auf der ich später war, wahnsinnig viel gezeigt,
00:03:05: was mir diese Union nicht hätte beibringen können.
00:03:07: Ich bin dem Leibniz-Kolleg da sehr dankbar dafür, dass ich da ein Jahr leben und arbeiten durfte.
00:03:12: Das ist mir spannend. Hast du mal so ein Beispiel, was das war, was dich da so geprägt hat?
00:03:17: Ich habe da Kunstgeschichte gemacht und das hat mich vorher nicht interessiert,
00:03:21: habe ich nachher nicht gemacht und das war einfach ein Feld, wo ich mich in was reinvertiefen musste,
00:03:26: was ich überhaupt nicht, was auf meinem Weg eigentlich nicht vorgesehen war.
00:03:31: Und das hat mich interessiert und das war die Möglichkeit nochmal Themen anzuschauen,
00:03:35: die ganz fern von dem sind, was man später studieren möchte.
00:03:38: Ich habe ein bisschen Naturwissenschaften gemacht, in die Medizin reingehört
00:03:42: und habe mich dann für die Sozialwissenschaften entschieden,
00:03:44: weil ich dachte, nein, das ist das, was mich interessiert.
00:03:46: Politische Kampagnen, politische Institutionen, soziale Wissenschaften sind das, was ich machen möchte.
00:03:52: Aber ich freue mich nach wie vor, dass ich sehr breit in die Themen reingeguckt habe
00:03:56: und mit ganz vielen Leuten zu tun habe, die sich einfach andere Themen angeschaut haben
00:04:00: und sich für andere Sachen interessiert haben.
00:04:02: Und kannst du noch benennen, gab es einen Auslösungmoment, wo gesagt hast, jetzt weiß ich,
00:04:07: es wird jetzt Sozialwissenschaften-Politologie?
00:04:11: Ich glaube, es war die politische Kampagnenarbeit.
00:04:13: Damals nannte man das noch Umweltpolitik.
00:04:15: Heute ist das die Klimapolitik und das bringt mich dann später auch in einem ganz langen Bogen wieder zurück an die Uni Hamburg.
00:04:21: Aber ich habe damals viel Umweltpolitik gemacht und wollte gerne aktiv bleiben,
00:04:25: wollte verstehen, wie politische Systeme funktionieren,
00:04:28: wollte auch verstehen, wie man politische Systeme beeinflussen kann
00:04:31: und habe mich dann entschieden, ich würde gerne Politikwissenschaften studieren,
00:04:35: ich würde auch gerne Soziologien studieren, um zu wissen, wie welche Institutionen sich Gesellschaften geben,
00:04:42: wie diese politischen Institutionen ausgestaltet sind, wie man die verändern kann,
00:04:46: was für Sachen die versprechen, was die einhalten, was die auch nicht können
00:04:50: und wie man das bewerten kann. Und das bringt einem das Studium der Sozialwissenschaften.
00:04:54: Jetzt hast du gerade was Spannendes gesagt.
00:04:56: Du hast dann in deiner Jugend schon auch politische Arbeit gemacht.
00:05:00: Ja, du sagst Umweltpolitik.
00:05:04: Wie sah das aus?
00:05:06: Das war unterschiedliche Art von Umweltpolitik, Kampagnenarbeit,
00:05:09: Versuch bestimmte Prozesse etwas nachhaltiger zu gestalten.
00:05:13: Damals mit einer ein bisschen anderen Sprache als heute,
00:05:16: aber in den Themen auch in der Mobilisierung dafür, dass man eine lebenswerte Welt möchte,
00:05:20: dass man die Welt auch langfristig lebenswert halten möchte,
00:05:23: dass man mit Menschen zusammenarbeiten möchte, die das gleiche Ziel verfolgen,
00:05:27: war das schon sehr ähnlich wie heute.
00:05:28: Das heißt, ich verstehe auch sehr gut, wo Jugendbewegungen im Klimabereich herkommen.
00:05:33: Spannend. Okay. Und dann ging es los.
00:05:37: Also, dann hast du das Kollege hinter dir gelassen und wie viel an deine Studienortwahl?
00:05:42: Ich bin, wie alle anderen auch, Mitte der 90er Jahre nach Berlin gegangen.
00:05:46: Das war alternativ los und ich muss gestehen.
00:05:49: Ich hatte einen Studienplatz an der Uni Hamburg, den habe ich nicht angetreten,
00:05:52: sondern habe gesagt, nee, es sind die 90er in Berlin, ist das interessant.
00:05:56: Meine Freunde sind nach Berlin gegangen.
00:05:58: Ich bin nach Berlin an die Humboldt-Uni gegangen,
00:06:01: habe da Sozialwissenschaften studiert und war einfach hingerissen von dieser Stadt.
00:06:05: Es war unglaublich viel los.
00:06:07: Es waren ganz interessante Leute.
00:06:08: Das war die Zeit, wo sich auch noch der Osten und der Westen aufeinander zubewegt haben,
00:06:13: wo in den Seminaren Berlinart wurde, wo auch viel noch nicht ganz fertig war
00:06:19: und wo man sich noch so ein bisschen ausleben konnte,
00:06:22: weil noch nicht alles so zementiert war und nicht alles vollgebaut war,
00:06:25: auch ganz praktisch nicht so vollgebaut war.
00:06:28: Und da war Berlin wirklich eine großartige Stadt fürs Studium.
00:06:31: Du meinst den Potsdamer Platz?
00:06:33: Zum Beispiel, da hast du gerade vor Augen.
00:06:35: Ja, den Potsdamer Platz oder die schönen Grünflächen um die Humboldt-Uni herum,
00:06:38: das früher mal gab.
00:06:40: Da ist ja viel Neubau passiert, das war auch sicher richtig,
00:06:43: aber es ist nicht alles das Schönste geworden.
00:06:46: Das stimmt, das stimmt.
00:06:48: Das ist schön.
00:06:50: Das klingt jetzt erstmal so, als wenn das von der Studienseite
00:06:52: deine Erwartungen voll erfüllt hat.
00:06:55: Also, hast du gedacht, das fühlt sich genauso an wie das, was ich haben wollte?
00:06:59: Oh ja, so eine Massen-Uni, da trifft man einiges von allen.
00:07:04: Also, die Berliner Unis, du kennst ja auch die FU, die sind halt groß.
00:07:10: Und da kommt es immer sehr drauf an, an wen man da so kommt
00:07:13: und ob man sich da wohl fühlt.
00:07:15: Da gab es gute Lehre, da gab es schlechte Lehre.
00:07:17: Es gab vor allem extrem viele Studierende.
00:07:20: Und ich erinnere mich dann auch an heiße Sommer, irgendwie am Hegelplatz,
00:07:23: im fünften Stock, wo man nur noch vor der Tür auf dem Boden den Platz gefunden hat,
00:07:28: weil einfach so viele Leute da waren,
00:07:30: dass man nicht mal mehr in den Raum gekommen ist, um zu studieren.
00:07:33: Es war also schon auch Studium in der Kampfzone.
00:07:36: Man musste wirklich wissen, was man da will.
00:07:38: Da sind viele Leute nicht fertig geworden.
00:07:40: Es gab wenig Unterstützung.
00:07:42: Und deswegen war ich froh vorher auf dem Leibniz-Kolleg
00:07:44: in so einem beschaulichen Ort wie Tübingen gewesen zu sein.
00:07:47: Und sagen wir mal, du hast gerade, man merkte die Leidenschaft,
00:07:50: was das Leben dann in Berlin anging.
00:07:52: Was hat das für dich in der Zeit geprägt?
00:07:54: Wodurch war das geprägt?
00:07:56: Wo anehen hast du dich gerne?
00:07:58: Studium in Berlin, in den Mitte der 90er.
00:08:01: Es waren einfach viele Leute in der Stadt.
00:08:03: Man konnte überall rumlaufen.
00:08:05: Es gab viele Möglichkeiten, umzuziehen,
00:08:08: in irgendwelchen Wohngemeinschaften zu wohnen,
00:08:11: andere Dinge zu tun, sich ein bisschen zu engagieren.
00:08:13: Da gab es einfach von Kultur über Politik bis in so Wissenschaft.
00:08:17: Es gab einfach unglaublich viele Möglichkeiten,
00:08:19: wo man mal reingucken konnte.
00:08:21: Das haben wir alle gemacht und es hat schon Spaß gemacht.
00:08:23: War es auch mal wilder, wenn man sich so überlegt,
00:08:27: das Bild, was ich von der FU habe,
00:08:29: gerade Sozialwissenschaften, Osi,
00:08:32: an der HU war das vielleicht so ähnlich?
00:08:35: Die HU war eigentlich relativ harmlos.
00:08:38: Da saß man im Innenhof, es gibt in der Humboldt-Universität
00:08:41: einen wunderschönen grünen Innenhof,
00:08:43: wo man auf das Essen aus der Mende so raustragen konnte.
00:08:45: Das war eigentlich relativ friedlich.
00:08:47: Ich bin dann nach ein paar Jahren an die FU gewechselt,
00:08:50: weil ich internationale Politik studieren wollte
00:08:52: und Sicherheitspolitik.
00:08:54: Da gab es einfach an der FU mehr Leute, die das gemacht haben.
00:08:57: Dann habe ich mit einem weinenen Auge die Humboldt-Universität
00:09:00: und bin an die FU für die letzten zwei Jahre
00:09:02: meine Studiums gewechselt, um da Sicherheitspolitik zu studieren,
00:09:05: bei einer der damals ersten Professorinnen im Feld.
00:09:08: Das war Helga Haftendorn.
00:09:10: Bei ihr habe ich strategische Studien,
00:09:12: Sicherheitspolitik, NATO, transatlantische Beziehungen studiert,
00:09:15: das ganze Programm.
00:09:17: Es war sehr streng und hat uns wirklich viel beigebracht
00:09:20: und hat uns auch wirklich ein gutes Verständnis
00:09:23: von internationaler Politik geben können.
00:09:26: Und war eine interessante, sehr durchsetzungsfähige Frau,
00:09:30: vor der man auch echt Respekt hatte damals.
00:09:32: Das war gut.
00:09:33: Wie ging es dann weiter für dich?
00:09:35: Danach bin ich nach Großbritannien gegangen
00:09:40: und habe in Wales ein Master in Security Studies,
00:09:43: also in Sicherheitsstudien gemacht.
00:09:45: Das gab es in Deutschland nicht.
00:09:46: Das wird heute ja auch viel diskutiert.
00:09:48: Warum gibt es in Deutschland eigentlich keine Sicherheitsstudien?
00:09:51: Ich fand das schon vor der Wende, sozusagen dahin interessant.
00:09:54: Bin nach Wales in ABRIS, war es gegangen,
00:09:56: habe das da im Master studiert
00:09:58: und konnte da in einer ganz kleinen Gruppe von europäischen Studierenden
00:10:02: auch ziemlich genau die Sachen lernen, die ich machen wollte.
00:10:06: Das war ein kritische Sicherheitsstudien,
00:10:08: also Sicherheitsstudien, die sich auch mit der Frage beschäftigen,
00:10:11: wer wird eigentlich nicht geschützt,
00:10:13: wie weit reicht der staatliche Schutz,
00:10:15: was ist auch die Bedrohung durch staatliche Einrichtungen,
00:10:18: wie kann man das besser machen.
00:10:20: Das war ein sehr guter Studiengang, der mich damals sehr interessiert hat
00:10:23: und der mich auch dazu befähigt hat,
00:10:25: in dem Feld dann weiter zu arbeiten.
00:10:28: Und das klang jetzt international auch von den,
00:10:30: also Wales ist international,
00:10:32: aber auch von der Gruppe der Studis dann?
00:10:34: Ja, sehr.
00:10:35: Da waren ganz wenige Briten,
00:10:37: noch wenige, ganz wenige wirklich aus der Region kommen,
00:10:42: und haufenweise Studierende aus den nordischen Staaten,
00:10:46: aus Dänemark zum Beispiel,
00:10:48: aber auch aus anderen Staaten aus Italien, aus Spanien,
00:10:50: das war sehr international, es hat sehr viel Spaß gemacht.
00:10:53: Kannst du dich auch an besonderen Moment erinnern aus der Zeit in Wales?
00:10:56: Ich denke an die Zeit zurück,
00:10:58: da fällt mir folgendes Event ein oder folgender Moment.
00:11:03: Das gehört dazu, rechnen an dem einen Tag.
00:11:05: Was macht man dann, um das zu feiern?
00:11:10: Das zu feiern, bewirbt man sich auf ein Promotionsstudio,
00:11:13: platzt Influenz, weil da die Sonne scheint, das war dann der Plan.
00:11:16: Wales war großartig, aber auch relativ klein
00:11:20: und relativ weit ab vom Schuss von allem,
00:11:22: es ist 5, 6 Stunden mit dem Zug aus London weg,
00:11:24: und deswegen war da nach einem Jahr für mich da auch Ende.
00:11:27: Aber es ist ein wunderschöner Ort,
00:11:29: man kann wahnsinnig gut Wandern geben,
00:11:31: aber es ist ziemlich klein.
00:11:33: Aber so wird ja schon deutlich,
00:11:35: du warst eine gleiche von der Wissenschaft begeistert, berührt,
00:11:38: ist das das, da mache ich weiter?
00:11:40: Wie ist die Entscheidung für dich gefallen?
00:11:42: Das hat sich so eingeschlichen.
00:11:44: Ich glaube auch, das wird ja häufig für einen entschieden,
00:11:48: ob man in der Wissenschaft weiter machen kann oder nicht.
00:11:51: Das ist ja nicht immer so eine aktive Entscheidung,
00:11:53: wo man sagt, morgen werde ich Professorin,
00:11:55: sondern wenn es die Chance gibt, macht man weiter,
00:11:58: wenn es die Möglichkeit gibt, das an einem guten Ort zu machen,
00:12:01: erhöhen sich die Chancen,
00:12:02: dass man später dann auch einen Job in dem Bereich bekommt.
00:12:05: Und so war das, denke ich, bei mir.
00:12:07: Dass ich dann die Möglichkeit gehabt habe,
00:12:09: in meiner nächsten Station
00:12:11: ans Europäische Hochschulinstitut Influenz zu gehen,
00:12:13: eine großartige Einrichtung der Europäischen Union,
00:12:16: in der mit Fokus auf Europa in den Sozialwissenschaften,
00:12:20: Rechtswissenschaften,
00:12:22: Wirtschaftswissenschaften ausgebildet wird,
00:12:24: und zwar ausschließlich für einen Promotionsstudium
00:12:26: oder für einen Postdoc.
00:12:28: Auf dem Hügel nördlich von Florenz.
00:12:30: Und diese Einrichtung war sehr gut,
00:12:32: hat wahnsinnig viel Spaß gemacht, habe viel gelernt.
00:12:35: Und mit einer Promotion vom Europäischen Hochschulinstitut
00:12:39: hat man halt auch das Besteck,
00:12:41: das in die Instrumente, die man braucht,
00:12:43: wenn man möchte, eine wissenschaftliche Karriere auch ernsthaft anzufahren.
00:12:47: Lass uns nochmal ganz kurz zurückgehen.
00:12:49: Du hast es ja zu sehr humorvoll gesagt,
00:12:51: ja, weißt du, da immer gerichtet hat mich dann die Tuscana gegangen,
00:12:54: weil da immer die Sonne scheint.
00:12:56: Es standen noch andere Orte zu der Batte für dich, für die Promotion?
00:12:59: Ich hätte mir auch Wales vorstellen können.
00:13:01: Ich habe mich dann mehr oder weniger kurzfristig nach Florenz beworben,
00:13:03: habt ihr das gehört, es hängt ja auch immer davon ab,
00:13:05: ob man das weiß, dass es das gibt und ob bei mir jemand dazu rät.
00:13:08: Mir hatte jemand dazu geraten, habe ich gedacht,
00:13:10: bewerbe ich mich mal, hat sofort geklappt,
00:13:12: und deswegen hatte ich gar nicht die Notwendigkeit,
00:13:14: noch mir andere Orte anzuschauen.
00:13:16: Aber Wales wäre auch inhaltlich super gewesen.
00:13:19: Und dann Florenz, das Institut,
00:13:21: das ist jetzt wieder sehr international geprägt vor.
00:13:24: Genau, das ist hauptsächlich Studierende aus Europa,
00:13:28: weil es Stipendien dann gibt für die verschiedenen europäischen Staaten.
00:13:31: Das heißt, man sitzt beim Mittagessen,
00:13:34: wirklich mit 10, 12, 15 Nationen zusammen, trinkt Kaffee,
00:13:37: unterhält sich mit Freunden aus Rumänien, aus Bosnien, aus Deutschland,
00:13:41: aus Österreich und kann da auch wirklich die eigenen Horizonte,
00:13:45: was Forschung und was Wissenschaft angeht, erweitern.
00:13:48: Das habe ich sehr schätzen gelernt und wirklich vermisst,
00:13:50: als ich gegangen bin.
00:13:52: Und bestehen aus der Zeit noch Kontakte?
00:13:54: Ja, klar. Das hat gehalten.
00:13:56: Und die sind mittlerweile auch dann in aller Herren Länder
00:14:00: oder sitzen die alle in Brüssel jetzt?
00:14:02: Einige sitzen in Brüssel, einige waren dann
00:14:04: zwischendrin in Großbritannien, sind aus Großbritannien häufig,
00:14:06: aber auch wieder gegangen nach dem Brexit.
00:14:08: Andere sitzen in ihren Heimatstaaten,
00:14:10: andere sind woanders gelandet.
00:14:12: Viele sind in akademische Karrieren gegangen, aber auch nicht alle.
00:14:15: Und mit einigen davon halt ich Kontakt.
00:14:18: Kann ich Ihnen sagen?
00:14:20: bis vor die nächste Station nach der Promotion. Wo hat es dich hingetragen? Was wurde für dich entschieden?
00:14:25: Dann habe ich mich entschieden, dass ich mal wieder nach Hause muss und bin nach Berlin gegangen.
00:14:30: Das war immer schon eine schöne Stadt und dann bin ich an die Freie Universität Berlin als Lehrende gegangen.
00:14:37: Hab da einen Postdoc gemacht, hab da noch einen Postdoc-Stipendium bekommen und eine klassische Postdoc-Lehrstuhlstelle
00:14:45: und konnte da im Bereich internationale Politik lehren. Ich habe das ein paar Jahre gemacht.
00:14:49: Wie würdest du dich heute beschreiben? Du bist dein Selbstbild, bist du eine Friedensforscherin?
00:14:58: Ich bin Politikwissenschaftlerin und mache insbesondere Friedensforschung-Sicherheitspolitik.
00:15:03: Genauso wie mein Job-Titel auch heißt, bin ich erst Politikwissenschaftlerin und dann gucke ich mir verschiedene Phänomene an.
00:15:10: Das heißt, da gucke ich mir insbesondere die Frage an, wie Schutz und Sicherheit gestaltet wird
00:15:16: und wie man das so machen kann, dass es möglichst viel Schutz, Sicherheit und Frieden für möglichst viele Leute gibt.
00:15:22: Das ist so das Kerninteresse der Arbeit einer Friedensforscherin.
00:15:25: Und da ich jetzt eine Einrichtung der Friedensforschung leite, bin ich dadurch fast automatisch auch Friedensforscherin geworden.
00:15:31: Genau. Worauf ich hinaus heute ist, ob es einen Moment gab, wo du für dich selbst gesagt hast,
00:15:36: "Okay, jetzt weiß ich es, ich bin oder werde Friedensforscherin oder Friedens- und Sicherheitsforscherin."
00:15:42: Ich glaube, das war an Wales. Also seit Wales hat es mich wirklich so interessiert, dass ich dachte,
00:15:47: "Ne, das ist ein Thema, da beschäftigen sich viel zu wenig Leute mit, das muss in der Breite diskutiert werden,
00:15:52: das muss auch im zivilen Bereich diskutiert werden, das muss auch kritisch diskutiert werden."
00:15:57: Und da war klar, da gibt es ganz wenig Leute, die das interessiert.
00:16:00: In den 90ern, Anfang der 2000er, muss man sich ja zurück überlegen, da dachten ja alle, das Thema wäre gegessen.
00:16:05: Da war das ja gar nicht mehr modisch, sich mit Waffensystemen zu beschäftigen, zu wissen, was die NATO ist,
00:16:13: zu überlegen, wie Europa sich weiterentwickeln kann, militärisch alles so Themen, die jetzt wieder auf dem Tisch liegen.
00:16:19: Weil einfach so frieden war, ne?
00:16:20: Ja, so.
00:16:21: Kalter Krieg war vorbei, Mauer gefallen.
00:16:23: Genau, alles vorbei.
00:16:25: Und dann haben sich noch ein paar Leute mit außereuropäischen Konflikten beschäftigt.
00:16:29: Das waren dann die klassischen Friedensforschen werden.
00:16:31: Und gab es dann eine bestimmte Krise, einen bestimmten Krieg, der dich da besonders bewegt hat oder eine besondere Situation?
00:16:39: Also es war Anfang des Studiums, ich habe mein Studium in Wales angefangen, eine Woche nach 9/11.
00:16:44: Ah ja, okay.
00:16:46: Und das war dann schon eine, so die Fragen von politischer Gewalt, von Terror, auch von der Reaktion auf die Terroranschläge des 11. September waren Themen,
00:16:56: die uns da sehr bewegt haben und die ja auch die Sicherheitspolitik der nächsten 20 Jahre wirklich mitbestimmt hat.
00:17:01: Das konnte man nicht umgehen.
00:17:03: Und das dann auch kritisch mit zu diskutieren, zu überlegen, wie man mit dem Phänomen politischer Gewalt Terrorismus umgeht, war schon ein Auslöser.
00:17:11: Mhm.
00:17:12: So heißt das dann auch, die Zeit in Wales starke Projekt für dich, ne?
00:17:16: Ja.
00:17:16: Wahrscheinlich, ne?
00:17:17: Ja, das war schon eine Zäsur, ne?
00:17:21: Na, okay, springen wir nochmal zurück zur FU und wie es dann weiter ging aus dem Postdoc raus.
00:17:28: Genau, da war ich ganz klassisch.
00:17:30: In der Lehretätigen hatte dann die Chance, in einem Sonderforschungsbereich ein Projekt zu leiten, relativ, sozusagen akademisch jung und habe es dann geschafft,
00:17:40: einen Sonderforschungsbreichenprojekt einzuberben, auch auf zwei Phasen zu verlängern, indem ich mit einem Team von Leuten schauen konnte, wie Institutionen Export,
00:17:51: also wie deutsche und internationale Akteure versuchen, in einem anderen Land Sicherheitsinstitutionen aufzubauen, Polizei, Militär und solche Sachen.
00:18:00: Und das ist ein Thema, das hat sich auch bis heute durchgezogen.
00:18:03: Das mache ich am Rande immer noch mit.
00:18:05: Die Frage, wie passiert eigentlich Staatsaufbau?
00:18:07: Was ist ein Staat?
00:18:08: Wie kann man den aufbauen?
00:18:10: Wie kann man den aufbauen?
00:18:11: Wir haben uns damals schon mit Palestina beschäftigt, unter anderem auch mit anderen Staaten, die jetzt wieder auf der Agenda sind mit dem Libanon beispielsweise.
00:18:18: Und da war immer die Frage, geht das, gibt es einen Staat, kann man da etwas zu beitragen?
00:18:23: Wie kann man Frieden so gestalten, dass der lachhaltig ist?
00:18:27: Das sind alles Themen, die ziehen sich bis heute durch.
00:18:29: Und das hat halt in diesem Sonderforschungsbereich damals in der Forschung wirklich angefangen.
00:18:33: Ist das dann sehr theoretisch oder irgendeine Dinge, die auch in die Umsetzung kommen, wo man sehen kann, funktioniert das so?
00:18:40: Wie wollen wir uns das vorstellen?
00:18:41: Das war damals sehr theoretisch und das hat sich dann über die Zeiten ein bisschen praktischer entwickelt, weil ich zwischendrin die Chance hatte, mich abordnen zu lassen ins Auswärtige Amt zum einen und auch in die Europäische Kommission.
00:18:51: Das ist ein bisschen unüblich als Wissenschaftlerin und es wurde auch gesagt, na ja, bist du sicher, dass du es machen willst, dass du dich in so ein Ministerium abordnen lassen willst als Wissenschaftlerin.
00:19:00: Das war nicht so gerne gesehen.
00:19:02: Und ich hatte den Eindruck, dass das gut war.
00:19:04: Mir hat das Spaß gemacht.
00:19:06: Ich fand es auch richtig wichtig zu verstehen, wie eine Bürokratie, ein Ressort, eine politische Institution von innen funktioniert.
00:19:15: Wenn ich die immer erforsche, mit den Leuten spreche, muss ich eigentlich auch verstehen, wie die Dinger funktionieren.
00:19:19: Das kann man nur, wenn man da ist.
00:19:21: Und deswegen hatte ich die Möglichkeit, an der Zeit ins Auswärtige Amt zu gehen.
00:19:24: Hab den Kontakte auch gehalten und habe bis heute da einen Kontext, in dem ich berate und versuche, mein Wissen einzubringen,
00:19:32: wenn es um Fragen von Institutionenaufbau, von Krisenprävention und Stabilisierung geht.
00:19:37: Ah ja, toll.
00:19:38: Das heißt, also die Politik sucht dann auch die Beratung durch Wissenschaft.
00:19:42: Genau.
00:19:43: Genau.
00:19:44: Das ist ja auch ein spannendes allgemeines Thema.
00:19:47: Also hast du denn auch jetzt, was die Rollenklärung angeht, das haben wir ja oft, gerade als Wissenschaftlerin, die Frage, wie weit reicht unsere Rolle,
00:19:56: sind wir, wie hast du das für dich geklärt?
00:20:00: Wie fasst du das für dich?
00:20:01: Das ist ja nochmal auch eine Spezialfrage für Leute, die in ihrer Stellenbeschreibung das haben, was wir Wissenstransfer nennen.
00:20:09: Das ist ja Teil meines Jobs.
00:20:10: Ich bin ja sozusagen nicht nur Universitätsprofessorin, sondern auch noch Leitung einer außeruniversitären Stiftung.
00:20:17: Und in der Stiftung machen wir viel Wissenstransfer.
00:20:21: Und deswegen ist es automatisch Teil meiner Rolle mehr als Teil der Rolle vieler Kollegen von mir an der UHA.
00:20:27: Und dann gehört es dazu.
00:20:28: Und ich finde es auch richtig, dass die Wissensbestände, die ich mir mit vielen Steuermitteln über die Jahre erarbeitet habe,
00:20:34: dass ich versuche, die so sinnvoll einzusetzen, wie es geht.
00:20:36: Da ich zu politischen Institutionen, Sicherheitsinstitutionen arbeite, versuche ich mein Wissen zu teilen und zu diskutieren mit Leuten aus dem Feld.
00:20:44: Und das halte ich auch für richtig, dass man das versucht.
00:20:46: Das kommt nicht immer an natürlich.
00:20:48: Aber wir sehen schon, dass wir an einigen Stellen Diskussionen prägen konnten oder dass es mal Dinge gab, wo Leute aufmerksam geworden sind,
00:20:56: wo Leute gesagt haben, ja, okay, vielleicht machen wir es beim nächsten Mal anders.
00:21:00: Aber es gibt natürlich auch viel Rückschläge.
00:21:01: Das ist einfach für alle immer so.
00:21:04: Gibt es was, was dich besonders gefuchst hat?
00:21:06: Also was mich ... Nein, nicht gefuchst.
00:21:10: Aber wo ich mir gerade wünschen würde, dass ein bisschen mehr politischer Wumms hintergehen würde,
00:21:15: ist zum Beispiel die Umsetzung der nationalen Sicherheitsstrategie.
00:21:18: Da haben wir jetzt in den letzten Jahren auch ziemlich viel mitgeredet.
00:21:20: Es gibt hier eine erste deutsche nationale Sicherheitsstrategie.
00:21:23: Da waren wir an unterschiedlichen Stellen im Diskussionsprozess mit drin.
00:21:26: Eine sehr schöne Strategie vom Framing, vom Rahmen, von der Sprache her.
00:21:31: Und wir warten jetzt alle so ein bisschen darauf, dass die umgesetzt wird und dass da die Implementierung voranschreitet.
00:21:36: Und das ist etwas langsamer, als ich mir das wünschen würde.
00:21:39: Das soll es geben.
00:21:40: Die Frage, wie wir vom Wissen ins Handeln kommen.
00:21:42: Exakt.
00:21:42: Ja, da hat der in den Zahnmaschinen Stellen um.
00:21:45: Das ist auch sogar für die Uni ja an der einen und an der Stelle wahr.
00:21:48: Lass uns vielleicht auch nochmal ein Wort verlieren über das IFSA.
00:21:51: Du hast es gerade schon mal nebulös umschrieben.
00:21:54: Die Stiftung, die du leitest, was macht eigentlich das IFSA?
00:21:58: Das IFSA ist eine Stiftung der Friedensforschung, die sich etwas atypisch mit sicherheitspolitischen Fragen beschäftigt.
00:22:06: Das heißt, wir sind die Stiftung oder die die Einrichtung der Friedensforschung,
00:22:09: die von Fragen des Rechtsextremismus über Themen der europäischen Sicherheits bis hin zu Atomwaffen und dem Klimawandel
00:22:19: sich ein breites Spektrum von sicherheitspolitischen Fragen und Problemen und Herausforderungen anschaut
00:22:25: und versucht die Wissensbestände darüber zu integrieren.
00:22:27: Dass wir also nicht nur gucken, wie ist das in dem kleinen Feld hinten links und was ist denn hier unten rechts kaputt.
00:22:33: Und dass wir versuchen, das, was wir heute als Multi-Krise oder Multiple-Krise so häufig um die Ohren gehauen bekommen.
00:22:39: Dass wir versuchen, diese verschiedenen Krisenfelder zusammenzudenken
00:22:43: und zu schauen, ob man nicht aus unterschiedlichen Perspektiven draufschauen kann,
00:22:47: um ein bisschen besser zu verstehen, was da gerade passiert und vielleicht sogar zu sehen, welche Optionen es gibt, um was zu tun.
00:22:54: Das ist nicht einfach gerade, weil die Multiple-Krise, der wir uns entgegensehnen, ist ja wirklich kompliziert und auch akut und dringlich.
00:23:03: Aber wir versuchen schon, in für das Feld der Sicherheitspolitik Sachen zusammenzudenken, Sachen auch nach vorne zu denken, wenn wir können
00:23:12: und sehr viel zu differenzieren.
00:23:14: Das heißt, einer der Jobs von so einem Laden wie meinem ist es Diskussionen, die heute relativ hektisch und manchmal auch polarisiert geführt werden,
00:23:23: zurückzuführen, auf Sachstände, auf Valides Wissen und zu differenzieren.
00:23:29: Das wird nicht immer so gerne gesehen.
00:23:32: Es wird dann auch häufig erwartet, dass wir uns ganz hart in die eine oder die andere Richtung bewegen, sei das die Friedensbewegung oder die andere Seite.
00:23:40: Das tun wir aber nicht.
00:23:41: Wir sitzen sehr unbequem genau in der Mitte und sagen, Leute, die Welt ist kompliziert.
00:23:45: Wir müssen es nur umziehen.
00:23:46: Es gibt einen Handlungsspektrum.
00:23:48: Da gibt es folgende Optionen und wir sagen euch hier, was wir darüber wissen, wie es früher schon mal in einem ähnlichen Fall so war.
00:23:55: Das heißt, wir kategorisieren, sortieren, ein bisschen versuchen zu differenzieren und versuchen manchmal auch Diskurse zu beruhigen, wenn die sehr heiß laufen.
00:24:04: Dass wir sagen, hier ist es schwierig, aber haben wir auch anderswo schon mal so gesehen.
00:24:08: Ja, das ist gerade heutzutage dringender denn je, habe ich auch so den Eindruck.
00:24:14: Das ist ja wahrscheinlich auch, wenn wir uns das angucken, die aktuelle Diskussion und das ruhig benennen, das treibt uns ja schon eine Weile um.
00:24:21: Das Thema Israel-Gasa, das ist ja dann auch so ein Fall, womit ich den ja gerade anspricht.
00:24:26: Man sagt, eigentlich mit den wissenschaftlichen Mitteln gibt es eine Art, wie man damit umgeht, dass man einen Diskursraum braucht, in dem man sich eben auch den akademischen Geflogenheiten entsprechend austauscht.
00:24:37: Und das ist nicht immer einfach.
00:24:39: Nein, das sehen wir auch in allen Universitäten gerade.
00:24:42: Gerade politische Konflikte, die in Deutschland immer schon sehr polarisiert waren, wie Israel-Palestiner, dass diese Konflikte dann auch in der Öffentlichkeit sehr polarisiert dargestellt werden.
00:24:54: Und es ist nicht einfach, sich da in irgendeiner Form in der Öffentlichkeit zu verhalten, weil einfach von allen Seiten dann immer gleich Gegenwind kommt.
00:25:02: Aber es ist umso wichtiger, dass solche Sachen auch von Fachleuten bewertet werden können.
00:25:08: Es ist ein Konflikt in einem Gewaltkonflikt oder einem Krieg, je nachdem, in welchem Zeitfenster das jetzt stattgefunden hat.
00:25:15: Gibt es bestimmte Muster, gibt es bestimmte Lösungswege und wir versuchen dann, diese Muster zu erkennen.
00:25:21: Es sind keine Historikerinnen und Historiker, sondern Interdisziplinärarbeitende Sozialwissenschaftlerinnen.
00:25:25: Das heißt, wir suchen nach Mustern, nach Erklärungen, schauen in die Vergangenheit und gucken uns andere Fälle an, die vergleichbar sein könnten, um zu schauen, was können wir daraus lernen.
00:25:34: Und deswegen haben wir auch keine Kristallkugel, sondern gucken eher klassisch nach hinten und sagen dann aber für die Zukunft können wir aus diesen 200 Fällen beispielsweise politischer Verhandlungserfolge und Misserfolge lernen.
00:25:45: Was und wie vielleicht eine politische Verhandlung umfrieden im Nahen Osten in der Ukraine oder sonst wo aussehen könnte.
00:25:53: Heißt nicht, dass wir recht haben, heißt aber, dass wir uns andere Fälle angeschaut haben und gesagt haben, okay, hier gab es mal diese Möglichkeit, vielleicht wäre es ein Weg, da mal hinzuschauen.
00:26:03: Und das ist eben unsere Rolle als Wissenschaft und die muss man da immer mal wieder erklären.
00:26:08: Genau.
00:26:09: Wie gehst du für dich persönlich damit um? Ich kann mir vorstellen, also du bist ja sehr, sehr nachgefragt, du bist auch sehr sichtbar, mit Erklärungen, Erläuterungen dieser Art.
00:26:18: Das wird ja nicht allen Menschen gefallen.
00:26:21: Also, bist du da viel angefeindet und wenn ja, wie gehst du damit um?
00:26:26: Also im Gegensatz zu dem, was ich so von Kolleginnen aus Berlin höre, die ein noch öffentlicheres Profil habe, geht es bei mir noch.
00:26:33: Das heißt, es ist allen insbesondere Frauen klar, dass wenn sie sich in die Öffentlichkeit bewegen, werden sie angefeindet.
00:26:39: Das scheint normal zu sein.
00:26:42: Und das weiß man auch vorher schon.
00:26:45: Das heißt, Leute mit ganz schwachen Nerven werden das nicht tun wollen.
00:26:49: Aber es ist auch eine Rolle, die natürlich interessant ist und die auch wichtig ist und wo wir auch sehen,
00:26:56: auch mein ganzes Team sieht, dass es nicht ganz so viele Leute gibt, die das tun können.
00:27:00: Das heißt, es gibt auch eine bestimmte Verpflichtung, das Wissen, was sie haben, in die Öffentlichkeit zu tragen.
00:27:05: Wir leben nun in den vielbeschworenen, interessanten Zeiten und da muss es Leute geben, die Sachen erklären können.
00:27:11: Und das ist unser Job und unser Job ist es nicht zu polarisieren.
00:27:15: Es ist auch nicht bestimmte politische Positionen zu vertreten.
00:27:19: Das sind ja keine Meinungen, die wir von uns geben, sondern das sind so valide wie mögliche wissenschaftliche Erkenntnisse,
00:27:25: aus denen wir versuchen, was abzuleiten für die aktuelle politische Zeit.
00:27:30: Und das manchmal klappt das.
00:27:31: Manchmal greifen wir sicher auch daneben, aber wir versuchen halt, so präzise und so plausibel wie möglich zu machen, was wir sagen.
00:27:39: Und deswegen bekommen wir sicherlich auch nicht ganz so viele Anfeindungen wie Leute,
00:27:43: die sich stärker und härter in den Wind lehnen und auch mehr Meinungsbasier argumentieren.
00:27:48: Das tun wir einfach nicht.
00:27:50: Gut. Ich hätte zum Abschluss noch eine Frage.
00:27:54: Wenn du dir einmal bitte vorstellst, du könntest jetzt zurückkehren in die Mitte der 90er Jahre
00:28:00: und der jungen Ursula, die gerade an der Umbau-Universität Studium aufnimmt, noch mal was zurufen.
00:28:06: So ist eine Ermutigung, eine Warnung oder eine Weisheit. Was würdest du dir sagen?
00:28:13: Dass es interessant wird und dass es am Ende schon alles gut wird.
00:28:18: Und dass Hamburg eine schöne Stadt ist, in die es sich lohnt, zurückzuziehen und reinzuziehen.
00:28:22: Das war wirklich eine Hamburg als letzter Absatz von mir.
00:28:25: Hamburg war wirklich eine gute Wahl.
00:28:27: Ich bin hier wahnsinnig gern und es war eine wirklich gute Entscheidung, in die Stadt zu ziehen.
00:28:31: Schön. Das ist doch ein sehr schöner Abschluss für unser Gespräch.
00:28:35: Herzlichen Dank, liebe Ursula, dass du dir Zeit genommen hast.
00:28:37: Und danke für das schöne Gespräch.
00:28:38: Gerne.
00:28:39: Tschüss.
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