"Campus-Legenden" mit Ole von Beust
Shownotes
Ole von Beust, ehemaliger Erster Bürgermeister von Hamburg, hatte schon früh eine Faszination für die Rechtswissenschaft. Bereits mit 12 Jahren schmökerte er in Kommentaren zum Strafgesetzbuch, die er von seinem Großvater bekommen hatte. Nach dem Abitur studierte er schließlich an der Universität Hamburg Jura und engagierte sich parallel in der Hamburger Politik. Mit nur 23 Jahren, noch vor Abschluss seines zweiten Staatsexamens, zog von Beust als Abgeordneter in die Hamburger Bürgerschaft ein. Im Gespräch mit Universitätspräsident Hauke Heeren beschreibt er die politisch aufgeladene Atmosphäre an der Universität Mitte der 1970er Jahre, erinnert sich an Spatzen in der Mensa und verrät, warum er das Studium nur um Haaresbreite bestanden hat.
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00:00:00: Geborenen Hamburg und schon frühpolitisch aktiv.
00:00:08: Bereits mit 16 Jahren trat er in die CDU ein und begann nach dem Abitur am Walddörfer
00:00:12: Gymnasium 1973 seiner politische Karriere als Assistent der CDU-Bürgerschaftsfraktion Hamburg.
00:00:19: Er studierte Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg und legte 1980 das erste
00:00:24: juristische Staatsexamen sowie 1983 das zweite Staatsexamen ab. Neben seiner Tätigkeit als
00:00:31: Rechtsanwalt war er von 1978 bis 2010 Mitglied der hamburgischen Bürgerschaft und von 1993
00:00:39: bis 2001 Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion Hamburg. Als erster Bürgermeister der Freien
00:00:44: und Hansestadt Hamburg von 2001 bis 2010 prägte er die Stadt maßgeblich. Seit 2010 ist er als
00:00:51: Unternehmensberater, Kino-Speaker und Rechtsanwalt tätig. Heute ist er Zugast bei Universitätspräsident
00:00:58: Dr. Hauke Hekerin. Ole von Boist.
00:01:02: Ja, mein Name ist Hauke Hekerin, ich bin der Präsident der Uni Hamburg und ich freue mich riesig
00:01:15: darauf mit Hamburger Persönlichkeiten in diesem Podcast über ihre Studienzeit ins Gespräch zu
00:01:20: kommen und wir sprechen über prägende Erlebnisse, überraschende Wendungen und wegweisende
00:01:25: Entscheidungen. Mein heutiger Gast ist Ole von Boist. Rechtsanwalt, Kommunikationsexperte und
00:01:31: vor allem auch ehemaliger erster Bürgermeister von Hamburg. Herzlich willkommen hier bei Campuslegenden
00:01:36: von Boist. Freue mich sehr, dass Sie da sind und freue mich auf unser Gespräch. Steigen wir mal ein.
00:01:42: Sie sind da in Hamburg geboren, haben dann in Volksdorf Abi gemacht und nehmen Sie uns doch mal mit. Wie
00:01:48: ist das damals gelaufen, dass Sie sich dafür entschieden haben, Jura zu studieren? Seitdem ich
00:01:52: zurückdenken kann, wollte ich immer Jurist werden, vielleicht ein bisschen geprägt von mir. Mein Vater
00:01:57: war Jurist gewesen, mein Großvater war Staatsanwalt und Richter und noch nach so einer Pensionierung
00:02:02: so ja noch ein bisschen anwaltig tätig. Jetzt nicht so, dass zu Hause immer juristische Themen
00:02:06: irgendwie besprochen wurden oder prägend waren, aber ich fand Juristerei interessant und das
00:02:11: stinkt schon fast pervers. Ich habe sogar zwölf, dreizehnjähriger es geliebt in Kommentaren zum
00:02:15: Strafgesetzbuch zu lesen. Das war ein wenig wie ein Gemü. Und da hat sich der Wille rauskristallisiert,
00:02:21: dass ich gerne Jurist werden wollte. Was haben Sie da nachgeblättert? Wie müssen wir das vorstellen?
00:02:26: Sind Sie im Büro Ihres Vaters und ziehen sich das den Kommentar aus? Nein, ich hatte von meinem
00:02:32: Großvater, der hat mir mal einen alten Strafgesetzbuch Kommentar geschenkt, aber da war ich
00:02:36: vor dich noch klein und ich fand das hochinteressant, da drin rum zu betttern und da wohnen die auch so,
00:02:41: wie es bei Kommentaren so ist, bestimmte Fälle zitiert und dazu die Lehrmeinungen und Gerichtsentscheidungen.
00:02:46: Und das war natürlich Kinderkram irgendwie, aber ich fand das spannend und interessant und dachte,
00:02:50: ich möchte gerne Anwalt werden. Ich wollte auch immer Anwalt werden. Mein Vater war Beamter,
00:02:54: der war Besirksamtsleiter, er war zur Wandsbeck gewesen oder Besirksbegemeister und da gesagt,
00:02:59: wenn du Jurist wirst, gehen nie in öffentlichen Dienst. Da viel zu sehr Beziehung, parteipolitik
00:03:05: eine Rolle und so weiter. Wenn du wirklich egal ob du gut oder schlecht bist, dann sind andere
00:03:09: Dinge, spiele eine Rolle und sie zu, dass du irgendwas frei berufliches machst, das passt ohnehin besser
00:03:14: zu dir und so ist so langsam der Wunsch, entstanden Anwalt zu werden. Und dann ist ja natürlich
00:03:21: noch die Frage, an welcher Uni, also wie ist die Entscheidung gelaufen? Ich war schon damals
00:03:26: hier viel politisch aktiv, also in der Jungen Union und vorhin in der Schüler Union und alles
00:03:30: und darum wollte ich gerne in Hamburg bleiben, weil ich auch neben der Juristerei auch politischen
00:03:34: Ehrgeiz hatte und darum hat sich für mich nie die Frage gestellt, ob ich irgendwo anders hingehe.
00:03:38: Nach und nach ist es vielleicht ein Fehler, denn das ist ja eigentlich die Zeit, wo man
00:03:42: entweder national oder international sich den Wind um die Nase wehn lassen kann. Aber ich
00:03:46: bin in Hamburg geblieben, allerdings relativ früh zu Hause ausgezogen mit 18 oder 19 und
00:03:53: hat in der kleine Wohnung in Eilbeek und bin ich eben durch die Politik geprägt und in Hamburg
00:03:58: geblieben, aber der Wunsch irgendwo anders zurückzugehen hat sich nie gestellt.
00:04:01: Und dann haben sie 1975 angefangen an der Uni und nehmen sie uns doch mal mit, wie war das damals?
00:04:08: Weil so die 68er waren ja noch nicht so lange her, so unter den Talaren der Muhr von 1000 Jahren,
00:04:15: haben wir das noch gespürt. Also es war extrem politisch, die Schulzeit war schon politisch
00:04:22: und die Universität noch politischer, weil man in die Mensa gehen musste, man erst einen
00:04:26: Spießroutenlauf an Flugblattverteilungen über sich ergehen lassen und überall lagen Zeitungrum
00:04:31: vom KBW, vom kommunistischen Bund, der Gruppe Internationaler Maxisten, der DKP, der SDRJ
00:04:37: und das Liberalen Hochschulverbandes und RCDS am Rande auch. Das war extrem politisch, wobei das
00:04:43: vielleicht war Jura eine Ausnahme, die Juristen und Betriebswürste galten immer aus Sicht der
00:04:48: politischen Studenten so als konservative Insel. Da war es vergleichsweise ruhig, wenn sie so
00:04:54: wollen. Das war alles ziemlich langweilig oder gesittet, wie man auch immer will. Aber das
00:04:59: spielt die Politik keine große Rolle. In welcher Mensa am Anzigen? In der Hauptmensa. Ich weiß
00:05:04: nicht, wie es heute noch so heißt, aber in der Stütterstraße und damals war es so, ich weiß
00:05:08: nicht, was heute noch so war, dass alle möglichen Vögel vor allem Spatzen durch die Mensa flogen und
00:05:14: sich Essenresste von den Tabletz holten und die lehrgegäste Tabletze ja nicht ganz leer waren,
00:05:19: wurden auf den Fließband gestellt und da lauerten massenweise von Vögel, die noch versucht haben,
00:05:24: für sich irgendwie Nahrung daraus zu holen, hatte mal keinen weiter Interesse. Es soll
00:05:30: noch nicht gehört. Und da waren Sie wahrscheinlich beim RCDS und aktiv? Ja, weniger. Also wir hatten,
00:05:35: es ist bei dem Bundeschum Volk Lo, werde ich was gesagt, wir hatten irgendwie immer das Gefühl
00:05:40: in der Jungen Union, dass der RCDS nicht so richtig in die Hufe kommt und so ein bisschen
00:05:45: langweilig und schlecht beläumert war und hatten damals in Konkurrenz zu dem RCDS versucht,
00:05:51: mit einer Jungen Union Hochschulgruppe zu gründen, was wir auch getan haben und hatten so ein
00:05:56: partieller Erfolge auch bei Betriebswürtteln und bei Juristen, aber das hat nicht lange gehalten
00:06:01: und nachher war ich RCDS Mitglied, aber an der Universität politisch nie was gemacht. Also ich
00:06:06: war weder, ich weiß nicht, ob ich mal ein Fachschaftsrat war, das erinnere ich gar nicht, aber da habe
00:06:11: ich im Keimgremium gewesen, finde ich mir richtig erinnern. Also Sie waren ja auch sehr früh
00:06:15: schon politisch aktiv, kommen wir vielleicht gleich noch drauf. Das Frage, das ich mir noch gestellt
00:06:18: habe, ist, in den 70ern war ja auch in der Uni tatsächlich kulturell viel los. Also wir haben
00:06:23: 22 mit Otto Walkes sein 50-jähriges Bühnenjubiläum im Audimax gefeiert, Otto returns to Audimax
00:06:29: und ich habe da gelernt, dass das Audimax eine beliebte Konzertlocation war. Also in den 70ern
00:06:34: irgendwie Blacks, Tybers, AC/DC und so da waren, waren Sie da mit von der Partie? Ich war nie so ein
00:06:39: Fan von Livekonzerten, weil mir es immer zu voll und zu laut war. Ich war auch damals auch nie
00:06:43: ein Diskotheken-Fan, also viele Menschen aufeinander habe ich mich immer leicht beengt gefühlt. Was
00:06:47: ich erinnere ist, häufigere Feiern zusammen mit der Feuerzangbohle gibt es glaube ich immer noch,
00:06:52: aber das war auch im Audimax und das war ein, zwei Mal im Jahr glaube ich und da bin ich häufiger
00:06:57: gewesen, aber an anderen kulturellen Dingen habe ich nicht weichlich dabei. Also wo dann alle Sachen
00:07:02: mitbringen? Ja genau, und dann war ich auch noch vorwärts im Saufen, wenn ich das sage. Gabs die Feuerzangbohle.
00:07:07: Ich stand nicht heute gar nicht mehr erlaubt, ich weiß gar nicht. Ja die wird heißt diskutiert,
00:07:13: also es gibt es noch und dann gibt es aber auch Diskussionen ob das alles noch so richtig ist.
00:07:17: Genau, apropos Saufen, was waren denn so andere Orte, die Sie mit dem Studium verbinden? Also
00:07:23: wenn ich gab es Kneipen, Bars, wo Sie sagen, das ist wenn ich ein Studium denke, dann denke ich an
00:07:29: die Pony-Bah. Also absolut das Logo in der Grindelallee, das hatte ganz banalen Grund. Die hatten einen
00:07:35: kaputten Flippeautomaten und man konnte für zwei Mark statt irgendwie sechs Spiele, hat er immer zwölf
00:07:41: Spiele ausgeworfen und wir haben manchmal da stundenlang geflippert und Bier getrunken und im
00:07:46: Lohre bin ich auch hinterher wieder sogar in Konzerten gewesen. Das ist so der Haupttreffpunkt
00:07:50: gewesen, dann gab es für Spezioristen einen Café in einer Querstraße, das hieß das Antikvariat.
00:07:56: Da waren eben nur ja antike oder antikvarische Bücher und der Besitzer der Eigentümer hatte
00:08:02: so einen Febel für den Zeichner A. Paul Weber und da habe ich mir mal auch ein Bild gekauft und
00:08:08: das war so A. Paul Weber geprägt diese Zeit und dort ging man zum Kaffee trinken. Wo ist das?
00:08:14: Gibt es das noch? Oh Gott, ich weiß nicht, wie die Straße heißt, das war eine Querstraße
00:08:18: zu Stütterstraße, die auf das ehemalige Post am Zuführte. Das war das Hartungsstraße,
00:08:22: glaube ich, weiß ich gar nicht mehr. Und später gab es dann doch so einen üblichen
00:08:27: Bäcker in der Roten Baumschosse direkt in den Meerächshaus, wo man auf die Stelle Kaffee trinken
00:08:32: konnte und belichte Wohltüren sich holen konnte. Und dann sind sie ja wirklich sehr früh in die
00:08:37: Politik weiter eingestiegen worden. Sie war ja mit 23 der jüngste Abgeordnete. Ja,
00:08:41: da war ich auch noch Studentin. Ich habe glaube ich mit 25 erste Staatsexamen gemacht und
00:08:46: dann mit 23 Studenten und Abgeordneter. Und wie ging das zusammen? Also ich habe das Studium
00:08:51: ziemlich vernachlässigt. Ich kann als erste Staatsexamen, wenn ich das Nachtbrücken,
00:08:55: Blicken, Meer, Ankoche, war auch die Gnade der Prüfer, mich bestehen zu lassen. Das kann
00:09:00: man ruhig sagen. Ich hatte, ich brauchte in der mündlichen Prüfung umzubestehen. An der
00:09:04: durchstelligen Punktzahl, da waren so vier Prüfungsabschnitte, da wurden die Punkte addiert
00:09:08: und durchschnittrechnet. Und ich brauchte umzubestehen, wenn ich mir richtig erinnere, 5,67 Punkte.
00:09:15: Und ich habe bekommen 5,75 Punkte. Wenn ich in einem Abschnitt einen Punkt weniger gehabt hätte,
00:09:21: wäre ich durchgeplumpst. Und ich war kein begenadeter Jurist. Was ich an die Maßen konnte,
00:09:26: war Verwaltungsrecht und das Wahlverfahren, Beamtenrecht, Verwaltungslehre. Darin war ich
00:09:31: eigentlich ganz gut. Und Strafrecht war so la la. Zivirecht war eine einzige Katastrophe,
00:09:35: muss ich ehrlich sagen. Und nachher war man gnädig. Also, ihr hättet noch einen Daumen
00:09:39: runter machen können. Und da habe ich wirklich Glück gehabt. Dann haben sie ja doch schon auch da
00:09:42: ein bisschen Richtung öffentlichen Dienst gezielt, fast, oder? Ja, ich wollte in ihnen öffentlichen
00:09:48: Dienst. Aber ich fand das Thema interessant, Verwaltungsaufbau usw. Klingt zu trocken und
00:09:53: ist es aber nicht. Aber gut, das ist eine lange Geschichte. Und wie war das da mit ihren
00:09:56: Kometitonen und Kometitonen? Hatten sie so ein Label, das ist der, der schon in der
00:10:00: Bürgerschaft ist? Ja, schon. Ich war schon der CDU-Mensch da. Aber ich habe schon zu Schulzeiten
00:10:05: auch immer mit Linken und Kommunisten, ich weiß noch mal, ein bester Freund damals war in der
00:10:10: Rotengarde, der KPDML. Aber persönlich haben wir es bei mir verstanden. Und das hat eigentlich
00:10:14: für den persönlichen Umgang keine Rolle gespielt. Aber ich hatte schon den CDU-Stempel oder
00:10:19: CDU-Label. Und uns ist es einmal gelungen, über die junge Union Hochschulgruppe den
00:10:23: Fasschafsrat Jura zu kippen. Der wurde damit direkt gewählt. Dann kamen alle alle diesen
00:10:28: Hörsaal zusammen, die wollten im Rechtshaus. Und er wurde per Uhr Abstimmung gewählt. Und ich
00:10:34: weiß nicht, ob das schriftlich war, aber zumindest war das präsenzwahl. Und da haben wir Klammheim
00:10:37: nicht unglaublich getrommelt und haben zur Empörung der Linken da die Wahl gewonnen. Und damals war
00:10:43: das angeführt. Anige werden das so erändern. Der hat später immer die Stadtpartei gegründet,
00:10:47: Markus Weckner. Der war in Hamburg eine Größe in den 80er Jahren, weil er damals
00:10:51: über als auch aus CDU-Frost eine eigene Partei gegründet hat, die auch mal mit Foscher raus
00:10:56: zusammen eine Koalition gebildet hatten. Da haben wir das alles geschichte. Aber da ist der
00:11:00: letztlich in den Zeilen politisiert worden. Und gab es da mal Anfeindungen? Also so richtig?
00:11:05: Nee, persönliche Gapfmeldungen. Man muss sagen, das war alleszeiten frei von sogenannten
00:11:11: sozialen Netzwerken und Internet. Die Kommunikation ging wirklich über Wandzeitungen, über Fluchblätter,
00:11:16: über direkte Kommunikation, über klassische Veranstaltungen oder auch über Diskussionen,
00:11:22: was ich in Übungen, Arbeitsgemeinstunden habe.
00:11:26: Und das Internet gab es nicht. Das ging alles noch sehr analog.
00:11:29: Das hat eigentlich auch gefragt, wenn man so zurückguckt, von heute aus betrachtet,
00:11:33: denken wir ja so, die wilden 70er Jahre und dann im zweiten Schritt, ja, da gab es noch kein Internet,
00:11:37: da gab es doch keine Computer. Also, können Sie uns da mal reinholen, wie war das?
00:11:41: Also, das kann man sich ja kaum vorstellen.
00:11:43: Also, einmal war natürlich die Kommunikation langsamer. Es dauert länger, wenn Sie den Fluchblatt schreiben,
00:11:49: Druck und verteilen, als wären Sie sofort losballern in der nächsten Sekunde.
00:11:54: Das führt vielleicht auch zu einer etwas größeren Nachdenklichkeit, wenn man mehr Zeit hat, etwas zu schreiben oder zu sagen.
00:11:59: Und die Umgangsformen waren trotzdem höflicher. Also, das Internet ist ja sehr brutal in die Umgangsformen,
00:12:05: ein bisschen zu drohungen, Verleumdung und so weiter. Und das gab es alles nicht.
00:12:08: Wenn man von Angesicht zu Angesicht, da kriegt man vielleicht mal, bestimmt von jemandem,
00:12:12: sagt du Arschloch oder so, okay, aber wenn es hoch hergeht, aber im Prinzip wurde irgendwie
00:12:17: eine gewisse Grundform und Hüftigkeit eingehalten. Und obwohl ich als CDU-Mann oder Jung und
00:12:22: Jungen Mann damals schon Exot war, bei Juristen nicht, aber so generell an der Uni, auch in der Mensa-Kantein,
00:12:27: da haben ja viele, wenn ich mich richtig erinnere, niemals eine persönliche Anfeindung oder Beleidigung oder so was erlebt.
00:12:33: Es war weniger aggressiv.
00:12:35: Da sollte man es vielleicht heute auch mal wieder daran erinnern. Meinmal ist es einfach echt sehr,
00:12:39: sehr aufgeladen, sehr über die Emotionen.
00:12:42: Ja, das gab es auch. Also wenn irgendwie ein Professor verhasst war, das habe ich erst nur von anderen gehört,
00:12:47: dann gab es so Sit-In, so man den Hürser besetzt hat und dann ging es hoch her und wurde auch geschrien
00:12:52: und skandiert und so weiter, das gab es schon. Aber das ist immer noch eine andere Form,
00:12:57: wenn man ja das gegenüber direkt sieht. Und da ist man der Mensch an sich vielleicht doch etwas vorsichtiger
00:13:02: und vielleicht auch vom Naturall hat weniger Beishämungen als in der Anonymität oder der Abstraktheit des Netzes.
00:13:10: Und da Sie jetzt so Sit-In zu erwähnen, gibt es noch einen prägnanten Moment aus Ihrer Studienzeit,
00:13:15: an dem Sie sich besonders erinnern, wo irgendwas Besonderes passiert ist?
00:13:19: Also es war schon damals, als wir diesen als Jung- und Jung-Hochstuhl-Reportagien aus der Zeit tief waren,
00:13:24: dass denn tödlich in links, was ist links rechts, das war damals auch ideologischer,
00:13:27: aber linke Gruppen, die uns zusammengedrummelt haben und gerade vom Bereich Erziehungswirtschaft
00:13:31: und Sozialwissenschaften den Hürser bei Jura stürmten, um da die Mehrheit in der Präsenzveranstalt zu organisieren
00:13:38: und da ging es schon hochher mit Anschreien und auch sagen wir ganz vorsichtige Handgreiflichkeiten,
00:13:43: aber da ist keiner zusammengeschlagen worden. Aber das erinnere ich, weil das eine unglaublich emotional aufgeladene Stimmung war.
00:13:49: Und es war im Bejurist so vielleicht die Besonderheit, dass man zwar seine Scheine damals an der Uni machte,
00:13:54: aber die eigentliche Examsvorbereitung läuft auch nachher überwiegend übers Repetitorium,
00:13:59: dass zwar in der Uni Nähe war, das war so eine alte Fabrik-Intage in einem kleinen Hinterhof der Grindelallee,
00:14:05: aber dadurch die Uni so ein bisschen ins Hintertreffen geraten ist.
00:14:08: Aber ich habe heute etwas anders, aber früher war eigentlich nach dem 5. und 6. Semester belegt man noch ein paar Pflichtgeschichten,
00:14:13: aber überwiegend lief das über das Repetitorium plus Arbeitsgemeinschaft ab, die man da selber gegründet hat.
00:14:20: Sehr, sehr spannend. Und wenn Sie so dann zurückdenken an die Zeit auch jetzt als Bürgermeister,
00:14:26: würden Sie sagen, hat Ihnen da das Studium geholfen? Also gab es da Dinge?
00:14:30: Also ich denke, dass man in der Politik, gerade in der Sambalandis- und Kommunalpolitik,
00:14:35: wo es auch wirklich um rechtliche Dinge geht, dass vielkritirum steht, um bauliche Sachen, um Baurecht,
00:14:40: um Ermessungsentscheidungen, die man mit beeinflusst, dass juristische Gekenntnisse einem hilfreich sind.
00:14:45: Nicht zwingend und nicht notwendig, aber hilfreich ist das schon.
00:14:49: Und ich habe ja hinterher auch 10 Jahre als Anwalt gearbeitet.
00:14:52: Also der Politik war ja, wenn Sie so waren, das Hobby, das war ja ein Feier am Parlament,
00:14:56: aber ich habe ja 10 Jahre als Anwalt gearbeitet, auch eine Reihe von Strafverteilung, Zivilrecht,
00:15:01: Dinge gemacht und alles. Und Rückblicken, war das eine schöne Zeit, weil es eben anders als heute
00:15:06: noch keine so große Spezialisierung gab, sondern jeder Tag war spannend.
00:15:10: Da gab es Verkehrsunfälle, Ehescheidungen, Erbschaftsangelegenheiten,
00:15:14: das war ein bisschen wie der Allgemeinmediziner, war er bei Ärzten.
00:15:18: Und das hat durchaus im menschlichen Bereich und im Bereich der Erfahrungen eine Menge gebracht.
00:15:23: Das heißt, dass es genau so gelaufen, wie Sie sich das eigentlich vorgeschlagen haben.
00:15:26: Ja, ich hatte, ich darf so sagen, hinterher sogar in den 1990 mir eine Anwaltszulassung geholt
00:15:32: im Zuge der Wiedervereinigung beim Justizministerium der DDR.
00:15:35: Da war die Grenze offen, aber die DDR gab es noch.
00:15:38: Ich weiß noch, wie heute in der Clara Z. Ginstraße in Ostberlin, die als heute Dorotheinstraße,
00:15:43: also heute abgeordnete Büros drin, das war der Justizministerium, kostete 100 D-Mark
00:15:47: und hatte eine Anwaltszulassung für den Bezirk Rostock.
00:15:51: Und habe mit einem Freund zusammen damals an Anwaltsbüro aufgemacht in Grievesmühlen,
00:15:55: das war die nördlichste Kreisstadt.
00:15:57: Und dann sind wir noch zu den Kreisgerichten, die hießen, die noch der DDR gegangen.
00:16:02: Und habe da so viel Dinge erlebt, Menschen kennengelernt, Erfahrungen gesammelt,
00:16:05: das war schon hochinteressant.
00:16:07: Ja, klasse. Ich würde gerne noch mal darauf zurückkommen, als ehemaliger erster Bürgermeister,
00:16:12: haben Sie ja natürlich auch viel mit der Uni zu tun gehabt.
00:16:16: Und wie ist Ihr Blick heute auf die Uni? Haben Sie da noch Berührungspunkte, noch Kontakte?
00:16:20: Ich habe immer empfunden, aber das war vielleicht sowohl die eigene Erfahrung als auch die politische Wertung,
00:16:26: dass die Hamburger Universität in der Warnemutter Stadtgesellschaft eine zügere Rolle spielt.
00:16:33: Es gab immer so den schönen Spruch bei den wohlhabenden Hamburger Familien.
00:16:37: Der erste übernimmt die Firma, der oder die zweite geht aus Südamerika und macht da die Prudence auf.
00:16:43: Und der dritte sollte vielleicht mal studieren.
00:16:45: Das heißt, in der Tradition, sagen wir, der Hamburger Gesellschaft,
00:16:48: natürlich gehören auch andere Schichten dazu, aber der Hamburger Gesellschaft hat die Universität eigentlich über keine große Rolle gespielt.
00:16:54: Und auch so bei Diskussionen in der Stadt, da haben Dinge wie, was weiß ich, die pathiotische Gesellschaft
00:17:00: oder die Handelskammer, die Handwerkskammer, der Übersigklub eine größere, stadtpolitische Rolle gespielt,
00:17:07: als auch das enorme, auch wissenschaftliche Potenzial, motivierte Menschen der Universität.
00:17:12: Und das habe ich immer irgendwie als Schade empfunden.
00:17:14: Vielleicht ist es der Großstadt geschuldet, das ist ein kleineren Schädenspiel, das ist der großer Rolle.
00:17:18: Aber ich würde mir nach wie vor wünschen, dass die Uni eine große Rolle spielt.
00:17:22: Es ist dann eine Reihe von Dingen gemacht worden, mit denen wir auch angefangen haben,
00:17:25: bereits die Exzellenzförderung, um auch, sagen wir, auf der nationalen, internationalen Karte besser zu erscheinen.
00:17:30: Das finde ich gut, aber, sagen wir, in der Stadtgesellschaft läuft es immer noch so ein bisschen daneben.
00:17:35: Und das finde ich schade.
00:17:36: Warum ist die Stadt Ihrer Sicht wichtig für Hamburg?
00:17:39: Naja, wenn ich mir mein eichner Stichesag angucke, das man nicht jetzt gar nicht ausgekränkt,
00:17:44: aber es hat nie eine Bemühung der Uni oder des Fachbereichs Rechtslösung schafft zu geben.
00:17:48: Mensch, das ist eine Alumni, mit die machen wir mal was,
00:17:52: vielleicht macht er mal eine Vorlesung für junge Studenten, um zu erzählen, wie es ist.
00:17:55: Dessen Erfahrung binden wir mit ein.
00:17:57: Nochmal, also ist man nicht wirklich aus Eidlokheit.
00:18:00: Nur, wenn sie Universitäten haben, die ein sehr reges Alumni-Leben haben,
00:18:04: schaffen sie eine Bindung auch von teilweise wirtschaftlich erfolgreichen Leuten,
00:18:09: die auch vielleicht Geld, Drittmittel für bestimmte Projekte geben,
00:18:12: die über ihre Familie oder Bekannte andere Leute auf die Uni aufmerksam machen
00:18:17: und sie erhöhen einfach die Strahlkraft der Universität dadurch.
00:18:20: Und vielleicht ist es heute anders, vielleicht durch eine Scheuklappe,
00:18:23: aber ich habe das Gefühl, dass dieser Alumni-Gedanke immer noch trief, schwarz ausgeprägt ist.
00:18:28: Also ich werde regelmäßig eingeladen zu Abitur feiern,
00:18:30: aber von der Uni habe ich nie was gehört.
00:18:32: Nochmal ist es auch nicht so schlimm, alles lange her,
00:18:34: aber man begibt sich ein bisschen einer Chance, die man noch hat, die Strahlkraft zu vergrößern.
00:18:39: Das würden wir gerne ändern jetzt.
00:18:41: Ja, gerne. Dann machen Sie auch diese Gespräche nicht dran.
00:18:43: Ich seh das nämlich auch so.
00:18:45: So seit über zwei Jahren hier habe ich so viele gute Gespräche gehabt mit Menschen
00:18:50: in der Stadtgesellschaft, in der Politik.
00:18:52: Es haben unfassbar viele tatsächlich an der Uni Hamburg studiert.
00:18:55: Und die berichten eigentlich alle ganz einig, das was sie auch sagen.
00:18:58: Ja, die sagen gerne, wenn ihr mir macht mir Angebote, dann komme ich auch in der Zelle gerne.
00:19:02: Und ich denke auch, dass das für die Studis heute einfach eine riesen Chance ist,
00:19:06: gerade die Erfahrung, den Erfahrungsstatt mitzubekommen.
00:19:09: Ja, dafür wäre gut immer schon das Gerede von älteren.
00:19:11: Denkt man auch immer, lass sie mal quatschen.
00:19:13: Also das ist so zweistradig. Man muss es schon geschickt machen.
00:19:16: Aber ich glaube, es kann für beide Seiten interessant sein, nehmen wir auch vorhin selber.
00:19:20: Man hört da die Meinung von, ja, im Alter der Generation des Studierenden,
00:19:25: hört man die Meinung ja hin und wieder persönlich, aber meist sehr gefiltert.
00:19:28: Ob man zu hören so selber, wie denken die eigentlich, wie ticken die, wie läuft das heute,
00:19:32: ist auch für die Eichenentwicklung interessant.
00:19:34: Ja, spannend. Also da machen wir ganz sicher was.
00:19:37: Und weil Sie das gerade sagten, dass Ihrer Wahrnehmung nach, dass in der Stadt immer noch so ist,
00:19:41: hätten Sie da eine Idee und Tipp für mich, wie man das ändern kann?
00:19:44: Da müsste man sich mal ruhig hinsetzen.
00:19:46: Also im Grunde ist natürlich heute die Kommunikation anders als zu meinen Zeiten.
00:19:51: Ich weiß nicht, wie das bei sozialen Netzwerken läuft, ob man internetmäßig was machen kann,
00:19:55: lebt natürlich auch entweder von besonders interessanten Leuten oder einer gewissen Provokation.
00:20:03: Also wenn sich die Uni mir einberingen würde, mal wegen, wo soll Hamburg in zehn Jahren stehen,
00:20:08: also nicht nur jetzt Universität, das ist ein wichtiges Thema,
00:20:11: sondern mit der Wissenschaft und der Kompetenz da ist, es gibt ja so glaube ich,
00:20:15: die Themen, die in der Rolle spielen. Also wie schaffe ich mir Wohnungsbau in Hamburg
00:20:19: oder was kann die Stadt mir im Klimaschutz tun?
00:20:22: Oder wie kann ein moderner Verkehr aussehen, der aber nicht schikanös und belehrend ist,
00:20:26: sondern trotzdem eine Anforderung an eine Großstadt, der ist ja viel Sachverstand an der Uni.
00:20:30: Ich weiß die TU Hamburg-Harburg, die machen ab und zu solche Dinge.
00:20:35: Auch die Hafen City Universität so ein bisschen, ich habe das Gefühl, die Universität Hamburg selber macht das zu wenig.
00:20:40: Und ich glaube, das muss das Themengebunden machen.
00:20:43: Also wenn ich allgemein sage, die Uni muss mir in der Stadtgesellschaft,
00:20:46: das ist meine These, sag mal ja gut, so was. Also muss man sich Themen aussuchen,
00:20:50: wie man das organisieren kann, glaube ich.
00:20:52: Gehen wir an genau, für mich läuft das so unter dem Motto "weitere Öffnungsverstattung" seit der Schweiz.
00:20:57: Ich hätte zum Abschluss des Gesprächs noch eine Frage an Sie.
00:21:01: Und zwar, wenn Sie jetzt von heute zurückgucken und wenn Sie die Chance hätten,
00:21:05: nochmal dem jungen Ole von 1975 was zuzurufen, zu Beginn des Studiums, zu Beginn dieser Laufbahn.
00:21:13: Was würden Sie ihm sagen?
00:21:15: Ich bedauere ihn nicht mich, sondern bedauere es, dass ich durch die Politik,
00:21:19: sag mal, lief die Uni so ein bisschen dem her.
00:21:22: Und eigentlich ist es ja heute vielleicht ein bisschen anders, weil es verschult,
00:21:26: da ist aber eigentlich im Leben eine ganz schöne Zeit,
00:21:29: die hätte mir nutzen können kulturell, aber auch um Freundschaftsensschließen und so weiter.
00:21:34: Die Uni war so ein bisschen eine Nische, die man machen musste, als Grundlage beruflich weiterzukommen.
00:21:39: Aber ich war selber zu sehr, zu wenig sozial integriert in die Uni.
00:21:43: Ich glaube, das war ein Fehler.
00:21:45: Ich sehe aber heute auch, wenn ich mit jungen Leuten sprechen, die studieren,
00:21:49: dass ich den Eindruck habe, die Verschulung und die ständige Leistungsüberprüfung
00:21:54: ist so groß geworden, dass sie oft auch gar keine Zeit mehr haben zu Dingen,
00:21:58: die man damals macht.
00:21:59: Dass man abends sich traurig essen gehen, von mir aus auf was trinken gehen,
00:22:02: Sport zu machen, sondern die sind ja sowas von eingebunden in einem Stundenplan,
00:22:07: dass eine freie Entwicklung auch mal Dinge links und rechts zu schnuppern,
00:22:10: auch nicht mehr richtig stattfindet.
00:22:12: Aber das ist wieder ein hochschulpolitisches Thema.
00:22:14: Aber selber habe ich zu wenig am sozialen Raum, Universität teilgenommen.
00:22:18: Das ist was wir über ihn zu rufen.
00:22:19: Junge, nimm auch was von dem Uni-Leben mit Gefeiern.
00:22:22: Ja, auf jeden Fall.
00:22:23: Und denke nicht nur, wenn man mal ein Semester länger macht,
00:22:26: wenn es im Begegnung geht, geht die Welt auch nicht unter.
00:22:28: Und wenn das Examen eine Not schlechter wird, ist es völlig wurscht.
00:22:31: Weil in meiner Erfahrung ist das die Einstellung ohnehin nicht mehr.
00:22:34: Und nach den Examensnoten erfolgen sie eine ganz andere Kriterie genommen.
00:22:37: Klasse.
00:22:39: Lieber Herr von Beuist, ganz herzlichen Dank für das letzte Gespräch.
00:22:42: Gerne.
00:22:43: Ich wäre inspiriert und auch herzlichen Dank für Ihre Aufenthalt.
00:22:45: Ja, und Ihnen viel Erfolg mit der Gesprächsreihe.
00:22:47: Vielen Dank.
00:22:48: Auch weiterhin alles Gute.
00:22:49: Gerne.
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